Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung – 2013 Häufig gestellte Fragen

Was ist arbeitsmedizinische Vorsorge?

Die Verordnung unterscheidet zwischen Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge und Wunschvorsorge.
Die Vorsorge umfasst eine Beurteilung der Wechselwirkung von Arbeit und Gesundheit, eine individuelle Aufklärung des Beschäftigten, ein Beratungsgespräch, eine Anamnese, gegebenenfalls eine körperliche und klinische Untersuchung. Die Vorsorge kann sich lediglich auch auf ein individuelles ärztliches Beratungsgespräch beschränken. Dabei handelt es sich um eine persönliche, individuelle Arbeitsschutzmaßnahme.


Wozu dient die arbeitsmedizinische Vorsorge?

Ziel der Vorsorge ist es, die arbeitsbedingte Beanspruchung zu erfassen und Belastungen zu erkennen und zu verhüten. Sie dient der Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes.
Die arbeitsmedizinische Vorsorge dient nicht der Feststellung der Eignung oder Tauglichkeit.

Was ist Pflichtvorsorge?

Im Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sind Gefährdungen und Tätigkeiten zur Pflichtvorsorge geregelt. Der Arbeitgeber hat diese bei seinen Beschäftigten zu veranlassen. Die Pflichtvorsorge ist Tätigkeitsvoraussetzung. Liegt die entsprechende Vorsorge nicht vor, darf der Beschäftigte in dem entsprechenden Bereich nicht weiter eingesetzt werden.

Was ist Angebotsvorsorge?

Auch die Anlässe der Angebotsvorsorge sind in der arbeitsmedizinischen Vorsorge geregelt. Der Arbeitgeber muss diese den Beschäftigten anbieten. Für die Beschäftigten ist die Teilnahme an der Angebotsvorsorge freiwillig.


Was ist Wunschvorsorge?

Nach § 11 Arbeitsschutzgesetz ist eine Wunschvorsorge den Beschäftigten anzubieten. Eine Auflistung existiert nicht. Ein Anspruch besteht dann, wenn aufgrund der Gefährdungsbeurteilung mit einem möglichen Gesundheitsschaden zu rechnen ist.


Welche Angaben enthält die Vorsorgebescheinigung ?

Auf der Vorsorgebescheinigung sind Angaben über Vorsorgeanlass, Tag der arbeits-
medizinischen Vorsorge und über weitere arbeitsmedizinische Vorsorgetermine anzugeben.
Angaben zu Befunden oder Diagnosen sind nicht Bestandteil der Vorsorgebescheinigung.
Sowohl bei der Pflicht- als auch Angebots- oder Wunschvorsorge erhält der Beschäftigte und der Arbeitgeber eine Bescheinigung.


Feststellung von gesundheitlich gravierenden Befunden im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Die Vorsorgebescheinigung enthält keine Aussage zu gesundheitlichen Bedenken. Somit erhält der Arbeitgeber keine Mitteilung darüber. Bei nicht ausreichenden Schutzmaßnahmen ist der Arzt verpflichtet den Arbeitgeber darauf hin zu weisen. Der Arzt kann dem Beschäftigten ein Tätigkeitswechsel vorschlagen und eine entsprechende Bescheinigung ausstellen, die dann der Beschäftigte an den Arbeitgeber weiterreichen kann. Hier könnten gemeinsame Lösungen erarbeitet werden.
Festzuhalten bleibt aber, dass kein Beschäftigungsverbot im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge ausgesprochen werden kann.


Ist der untersuchende Arzt im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge arbeitsschutzrechtlich verpflichtet, den Arbeitgeber über eine Erkrankung eines Beschäftigten zu informieren, die zu einer Gefährdung Dritter führen kann?

Nein, die arbeitsmedizinische Vorsorge enthält keine entsprechende Verpflichtung. Sie dient nicht dem Schutz Dritter.


Nachgehende Vorsorge

Bei krebserzeugenden Arbeitsstoffen kann es durchaus auch nach langen zurückliegenden Belastungszeiten (Latenzzeiten) zu Krebserkrankungen führen. Daher ist es sinnvoll auch nach Ende bestimmter gefährdender Tätigkeiten eine Vorsorge durchzuführen. Daher hat der Arbeitgeber nachgehende Vorsorge dem ehemals Beschäftigten anzubieten. Wenn die Beschäftigten ihr Beschäftigungsverhältnis beenden, so ist der zuständige gesetzliche Unfallversicherungsträger zu informieren, der diese Untersuchungen dann organisiert.


Wird eine Eignung durch eine arbeitsmedizinische Vorsorge nachgewiesen?

Nein, die arbeitsmedizinische Vorsorge dient nicht der Erbringung einer Eignung für bestimmte Tätigkeiten.
Prinzipiell ist die arbeitsmedizinische Vorsorge von der Einstellung/Eignung zu trennen. Finden beide Feststellungen aus betrieblichen Gründen gleichzeitig statt, so ist dies dem Beschäftigten darzulegen. Die Vorsorge dient dem Schutz des Beschäftigten. Dem gegenüber dient die Einstellung bzw. die Eignung dienstrechtlichen Fragestellungen bzw. dem Schutz Dritter.
In der arbeitsmedizinischen Vorsorge geht es nicht um die Feststellung einer Eignung bzw. einer Tauglichkeit.


Bedingen Grundsatzuntersuchungen wie G25 Fahr-, Steuer-, Überwachungstätigkeit oder Arbeit mit Absturzgefahr G41 eine Pflichtvorsorge?

Nein, die Grundsatzuntersuchungen sind Empfehlungen für den Arzt über Umfang der Untersuchungen, sind jedoch keine Rechtsgrundlagen. Beide o.g. Grundsätze sind im Katalog der arbeitsmedizinischen Vorsorge nicht aufgelistet, weil es sich bei beiden Tätigkeiten um eine Eignung und nicht um eine Vorsorge handelt.

Röntgen-Thoraxuntersuchung im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Die Indikation zur Röntgenuntersuchung ist grundsätzlich nach den Vorgaben der Röntgenverordnung unter der Maßgaben der Strahlenminimierung zu stellen. Die Indikation sollte individuell und nach Belastung differenziert gestellt werden. Eine regelmäßige Indikation ergibt sich weder aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge noch aufgrund berufsgenossenschaftlicher Empfehlung.

Kann auf arbeitsmedizinische Vorsorge verzichtet werden, wenn der Beschäftigte regelmäßig persönliche Schutzausrüstung, z.B. Gehörschutz trägt?

Nein, das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung entbindet den Arbeitgeber nicht von der Durchführung entsprechender Vorsorgen in Abhängigkeit der Gefährdungsbeurteilung.


Müssen Beschäftigte sich impfen lassen?

Nein, in Deutschland besteht grundsätzlich keine Impfpflicht. Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge kennt daher das Impfangebot. Nach Biostoffverordnung bzw. TRBA ist ein Impfangebot zu stellen, eine Impfpflicht besteht nicht.

Bestehen arbeitsschutzrechtliche Konsequenzen bei Ablehnung des Impfangebotes bei nicht ausreichendem Impfschutz?

Nein. Lehnt der Beschäftigte ein Impfangebot ab ist dies kein Grund für den Arzt ein Tätigkeitswechsel oder nicht ausreichende Maßnahmen des Arbeitsschutzes anzunehmen. Auch erhält der Arbeitgeber kein Hinweis über die Ablehnung des Impfangebotes im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Ergeben sich Konsequenzen und Pflichten für den Betriebsarzt aus § 23 a Infektionsschutzgesetz?

Nach § 23 a Infektionsschutzgesetz können durch den Arbeitgeber personen- bezogene Daten erhoben werden wenn und soweit es zur Erfüllung von Verpflichtungen aus § 23 Absatz 3 in Bezug auf Krankheiten, die durch Schutzimpfung verhütet werden können, erforderlich ist. Dies betrifft den Impfstatus und Serostatus.

Dies um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden. Dieser Bereich ist auf impfpräventable Krankheiten beschränkt.

Die Ausprägung des Fragerechtes betrifft den Arbeitgeber gegenüber dem Beschäftigten. In Bezug auf den Betriebsarzt ergeben sich keine Pflichten. Übernimmt der Betriebsarzt die Erhebung des Impf- oder Serostatus (Eignungsfeststellung) muss hier auch wieder klar von der arbeitsmedizinischen Vorsorge getrennt werden. Der Betriebsarzt muss den Beschäftigten über den Zweck der Erhebung des Impf- oder Serostatus aufklären. Der Beschäftigte erhält durch den Betriebsarzt den Impf- bzw. Serostatus. Es steht dem Beschäftigten dann frei, dieses Attest dem Arbeitgeber gegenüber vorzulegen. Daher gilt die ärztliche Schweigepflicht als gewährleistet.

Dr. med. W. Bunk
Juni 2016


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