Sind besondere ergonomische Anforderungen für ältere Beschäftigte notwendig?

Mitarbeiter sollen bis zum 67. Lebensjahr in der Regel arbeiten. Mit der Erhöhung der

Lebenserwartung und der niedrigen Geburtenrate sollen Mitarbeiter länger im Arbeitsleben bleiben und den eingetretenen Fachkräftemangel reduzieren helfen.

Von Seiten des Arbeitsschutzes stellt sich aber auch die Frage, ob bei älteren Mitarbeitern besondere ergonomische Anforderungen notwendig sind und wenn ja welche.

Mit zunehmendem Alter kommt es zu physiologischen Veränderungen. Dies betrifft beispielsweise die Abnahme der Lungen- und Herzleistungsfähigkeit, als auch die Abnahme der muskulären Leistungsfähigkeit durch Muskelabbau.

Beides führt zur Abnahme der Muskelkraft und der Ausdauerleistungsfähigkeit, wobei beides sehr individuell durch Training unterschiedlich stark zu kompensieren ist.

Darüber hinaus kommt es zu einer Abnahme der Sehleistung, der Hörleistung sowie

einer Einschränkung der Aufmerksamkeit und feinmotorischen Fähigkeiten.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die praktische Arbeitsmedizin:

Prinzipiell gibt es keine speziellen Grenzwerte oder Normen zur Arbeitsgestaltung für ältere Arbeitnehmer. Im Einzelfall ist zu entscheiden, ob die zu bewältigenden körperlichen Lasten je nach Einschränkung noch als arbeitsmedizinisch geeignet anzusehen sind. Auch Schichtarbeit ist für ältere Arbeitnehmer nicht verboten. Im Einzelfall ist auch hier zu entscheiden, ob ältere Arbeitnehmer je nach Grunderkrankung (z.B. Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Krankheiten, psychische Krankheiten) für diese Tätigkeiten komplett oder nur teilweise nicht mehr geeignet sind.

Bei gestörter Sehfunktion kann beispielsweise am Arbeitsplatz die Beleuchtungsstärke erhöht werden und vorhandene Blendungen reduziert werden.

Andererseits besitzen ältere Arbeitnehmer in der Regel jahrzehntelange Erfahrung

und Wissen, auf die sie bei Veränderungen und Anforderungen zugreifen können, zumal das  Gehirn ist auch noch im Alter lernfähig ist.

Zukünftig kann es durchaus erstrebenswert sein, Lebensarbeitszeitkonten für die Arbeitszeit zu nutzen. Einige Unternehmen machen dies bereits.

Darüber hinaus wäre aus arbeitsmedizinischer Sicht die bisher praktizierte Altersteilzeit weiterhin zu empfehlen. Allerdings ist das Blockmodell als weniger geeignet anzusehen als das Modell, bei dem über einen gewissen Zeitraum reduziert gearbeitet wird.

Aufgrund der oben genannten physiologischen Veränderungen im Alter ergeben sich im Regelfall

keine speziellen Anforderungen an Altersarbeitsplätze. Gut gestaltete ergonomische Arbeitsplätze dienen sowohl den jüngeren als auch den älteren Arbeitnehmern.

Die Betriebsärzte begehen regelmäßig Arbeitsplätze und haben eine beratende Funktion. Im Rahmen dieser Beratung erfolgen Hinweise zur Eignung oder nicht Eignung bei älteren Arbeitnehmern. Dies erfolgt durchaus in Zusammenarbeit mit behandelnden Ärzten, wenn Grunderkrankungen vorliegen. Dies hilft, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer als auch die Arbeitszufriedenheit zu erhalten.

Dr. med. W. Bunk

Stand 9/2015


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